„Das 50-Millionen-Euro-Problem“ titelte die FNP am 7.7.23, als sie über die Haushaltslage des Hochtaunuskreises berichtete. Denn der erwartete Erlös aus dem Verkauf des ehemaligen Klinikgeländes in Bad Homburg wird zumindest in diesem Jahr ausbleiben. Die Auswirkungen sind gravierend für den gesamten Hochtaunuskreis und speziell für die Stadt Bad Homburg. In meiner Rede in der Sitzung des Kreistags am 17.7.23 habe ich dargestellt, wie sich die Situation für die GRÜNEN darstellt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
das ist ja schon ein Ding, dass wir heute den Haushalt für das aktuelle Jahr noch einmal anpassen und abstimmen müssen. Dabei haben wir den Haushalt doch dieses Mal schon viel später als üblich, nämlich erst im Februar beschlossen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie der Landrat uns vorgeschlagen hat, ausnahmsweise die Haushaltsberatungen auf Anfang des Jahres 2023 zu verschieben. Begründet wurde das damals mit den Unklarheiten, die aufgrund der Neueinführung des Bürgergeldes bestanden. Das war auch durchaus nachvollziehbar. Nur, nachdem was wir in den letzten 2 Wochen erfahren haben, gab es dafür offenbar noch weitere Gründe, die uns wohlweislich nicht genannt worden sind.
Wir GRÜNE waren schon im Februar mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht einverstanden. Zur Erinnerung: die vorgeschlagenen Kosten konnten auch damals schon nur durch eine Erhöhung der Kreisumlage gedeckt werden. Wir haben daher schon damals kritisiert, dass noch nicht einmal darüber nachgedacht worden ist, wo und was eingespart werden könnte.
Und selbst jetzt, nachdem feststeht, dass der Landrat sich bei den prognostizierten Einnahmen um mehr als 55 Mio EUR verschätzt hat, wird nicht über Einsparungen nachgedacht. Stattdessen werden neue Schulden aufgenommen, die unsere Kinder und Enkelkinder noch lange werden abzahlen müssen.
Und sie werden diese Schulden nicht nur in der Zukunft zahlen müssen, unsere Kinder zahlen heute schon den Preis für diese Fehleinschätzung bzw. für die Fehler, die bei der Umsetzung des Kreistagsbeschlusses über den Verkauf des ehemaligen Klinikgeländes gemacht worden sind, denn das Loch im Haushalt führt zu Verschiebungen in den Schulbauprojekten.
Nach dem, was wir in den letzten 2 Wochen alles erfahren haben, muss schon mal gefragt werden, ob es den Grundsätzen einer ordentlichen Haushaltsführung und eines ökonomischen Wirtschaftens entsprach, den Kauferlös für das ehemalige Klinikgelände überhaupt für das Jahr 2023 als Einnahme einzuplanen.
Dazu lohnt ein Blick auf die Fakten:
Der Verkauf es ehemaligen Klinikgeländes ist durch 2 notarielle Verträge erfolgt. Allerdings nicht, wie der Kreistag es per Beschluss dem Landrat vorgegeben hatte, an Die Wohnkompanie Rhein-Main GmbH oder eine Tochtergesellschaft, sondern an 2 Projektgesellschaften, die extra für dieses Projekt gegründet worden sind. Sozusagen an gerade erst geborene Enkelkinder. Das ist durchaus üblich und aus Sicht des Investors auch nachvollziehbar, denn es verringert das Haftungsrisiko und schützt die Muttergesellschaft, wenn was schief geht. Und weil das durchaus üblich ist, hatte der Kreistag ja ausdrücklich vorgegeben, dass nur an die Wohnkompanie Rhein-Main GmbH bzw. an eine 100%ige Tochtergesellschaft verkauft werden durfte. An eine Tochtergesellschaft allerdings nur, wenn eine Sicherheit wie zum eine Beispiel eine Patronatserklärung der Wohnkompanie Rhein-Main vorliegen würde.
Diese Sicherheitserklärung gibt es bis heute, immerhin 2 Jahre nach Vertragsschluss, nicht.
Die Vorgaben, die seitens des Kreistags für den Verkauf bestimmt worden sind, wurden somit vom Landrat einfach nicht umgesetzt. Es wurde an andere Käufer ohne eine Sicherheitserklärung der Wohnkompanie Rhein-Main GmbH verkauft.
Und zum Thema Sicherheit und Risikoverteilung wirft die Gestaltung der Kaufverträge auch noch viele weitere Fragen auf. Die Fälligkeit des Kaufpreises ist einzig und allein an den Beschluss des Bebauungsplans durch die Stadt Bad Homburg geknüpft. Auch das ist erst einmal nicht unüblich. Allerdings: wie wahrscheinlich war es denn bei der Beschlussfassung über den Haushalt, dass der Bebauungsplan tatsächlich noch im Jahr 2023 beschlossen werden würde? Es war doch auch schon damals bekannt, dass es bis dahin noch keinen städtebaulichen Vertrag gab und daher auch das Bebauungsplanverfahren stockte.
Und überhaupt fragt man sich im Hinblick auf die einseitige Risikoverteilung und das erhebliche Haftungsrisiko, das der Hochtaunuskreis vertraglich eingegangen ist, wieso niemand sich um den Fortgang des Verfahrens gekümmert hat. Ein ordentliches Projektmanagement sollte bei den Summen die im Raum stehen eine Selbstverständlichkeit sein.
Denn was ich wirklich brisant finde, sind die Folgekosten, die dem Hochtaunuskreis entstehen, wenn die vereinbarte aufschiebende Bedingung, der Beschluss des Bebauungsplans, nicht eintritt. Denn im Vertrag heißt es:
„Die Bedingung gilt als endgültig nicht eingetreten, wenn sie nicht bis zum 31.12.2023 (absoluter Endtermin) (fett gedruckt) eingetreten ist.“
Und für diesen Fall sieht der Vertrag dann erhebliche Kosten für den Hochtaunuskreis vor:
Der Kreis hat dann dem Käufer die Kosten des Abbruchs, evtl. Gutachten, Planer, Gebühren, Zinsen, baubegleitende Maßnahmen etc. und eine pauschale Vergütung in Höhe von 5% der gerade aufgezählten externen Kosten für die Personalaufwendungen des Käufers zu erstatten.
Da reibt sich doch jeder Bauunternehmer die Hände, so einen Auftrag muss man erst einmal in den heutigen Zeiten bekommen. Das ist ja wie ein Sechser im Lotto.
Denn die Klinikgebäude werden gerade abgerissen und der Kreis wird dies alles am Ende zahlen, denn wir wissen ja jetzt schon, dass bis zum 31.12. kein Bebauungsplan beschlossen sein wird.
Und ok, wenn der Vertrag platzt ist es auch legitim, dass der Kreis dann die Kosten für den Abriss der Gebäude zu tragen hat, er bleibt dann ja auch Eigentümer der Grundstücke. Aber, obwohl wirklich viel in dem Vertrag geregelt worden ist, für diese Kosten des Abbruchs gibt es keine Regelung, keinerlei Deckelung. Und das ist ein ganz erheblicher Vorteil für den Investor. Der Investor muss sich nicht erst im Rahmen einer Ausschreibung um den Auftrag bemühen, er kann die Kosten frei mit seinen Auftragnehmern vereinbaren, er ist völlig frei, was für weitere Maßnahmen er für erforderlich hält. Er bekommt das alles später erstattet wenn der Vertrag rückabgewickelt wird. Und: er bekommt auch noch 5% der Kosten pauschal für seine eigenen Personalkosten.
Auf den Hochtaunuskreis kommen daher Folgekosten von mehreren Mio. EUR zu.
Nicht in diesem Jahr, das ist klar, aber in den Folgejahren. Das fehlt aber in der zur Beschlussfassung vorliegenden Finanzplanung bis 2026 völlig. Dabei steht nach dem was jetzt seitens des Landrats schon alles so angedacht ist fest, dass es Änderungen in der Finanzplanung der nächsten Jahre geben wird. Und dann müssen diese Änderungen auch jetzt schon bei einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung eingeplant werden.
Das ist hier aber leider nicht der Fall.
Ich halte daher nochmal fest: der Kaufvertrag erfüllt nicht die Vorgaben des Kreistagsbeschlusses. Und der Vertrag enthält ein erhebliches Kostenrisiko zu Lasten des Kreises, welches nach derzeitigem Stand sehr wahrscheinlich eintreten wird. Diese Kosten fehlen aber in der Finanzplanung.
Und obwohl sich die finanzielle Situation des Kreises so dramatisch verändert hat, wird weiter nicht gespart.
Es wird daher niemand überraschen, dass wir GRÜNE dem Haushalt auch dieses Mal nicht zustimmen werden. Wie auch im Ausschuss beantragen wir eine getrennte Abstimmung über Ziffer 1 der Vorlage, denn dem Antrag auf Aussetzung der Ratenzahlung an die Hessenkasse werden wir zustimmen. Dies ist aufgrund der erfolgten Sonderzahlung und der aktuellen Situation sinnvoll und angemessen. Alle anderen Ziffern der Beschlussvorlage werden wir ablehnen.
Ich komme zum Schluss:
Sehr geehrter Herr Landrat Krebs,
die Bilanz dieses Jahr ist bisher extrem schlecht. Das Jahr hat schon mit der Verschiebung der Haushaltsberatungen holprig begonnen. Und dann kamen, wir erinnern uns alle daran, auch noch das Chaos (oder Desaster?) auf der Taunusbahn und das fehlende Krisenmanagement dazu. Auf das versprochene Ende des Behelfszustands warten die Nutzerinnen und Nutzer der Taunusbahn bis heute vergeblich. Inzwischen hat sogar die RB 12, die Königstein-Bahn, ebenfalls ganz erhebliche Probleme. Auch hier weiß man nie, fährt die Bahn oder fährt sie nicht? Da Sie, Herr Krebs, seit Anfang diesen Jahres nicht nur Landrat des Hochtaunuskreises sondern auch noch Aufsichtsratsvorsitzender RMV und Verbandsvorsitzender des VHT sind, hatten wir für den Hochtaunuskreis doch ein besseres Krisenmanagement erwartet.
Dann ist die Fluktuation der MitarbeiterInnen im Jobcenter, der Ausländerbehörde und auch in anderen Bereichen des Landratsamtes immer noch extrem hoch und dies führt unter anderem zu Problemen in den Arbeitsabläufen.
Mehrere Sporthallen sind im Kreis bereits seit 2 Jahren gesperrt und die versprochenen Sanierungen kommen nicht voran. Auch hier wird geschoben statt behoben.
Und jetzt kommt auch noch ein Loch im Haushalt von über 55 Millionen EUR und erhebliche Folgekosten, die vermeidbar gewesen wären, für die nächsten Jahre hinzu. Das wird erhebliche Auswirkungen auch auf die Schulbauprojekte des Hochtaunuskreises haben, dabei wissen wir alle, wie dringend die geplanten Schulbaumaßnahmen und die Turnhallen benötigt werden.
Statt Lösungen werden immer neue Probleme präsentiert, insgesamt also eine katastrophale Bilanz!